Beurteilen und fördern

Vor rund zwei Jahren haben wir damit begonnen, unser Beurteilungssystem zu überdenken und neu zu konzipieren. Unsere Co-Schulleiterin Marlene Gloor sagt zur Ausgangslage: “Wir wollen unsere Schülerinnen und Schüler zu eigenverantwortlichem Lernen anleiten. Sie sollen ihren Lernprozess entsprechend den gesetzten Lernzielen und ihrem Potenzial selbst steuern.”
Wie soll nun die Beurteilung von Leistungen erfolgen, damit dieses Ziel des eigenverantwortlichen Lernens unterstützt wird?

Im Verlaufe des laufenden Schuljahres wurde das neue Konzept eingeführt. Die neue Form der Beurteilung an der csbern ist wertschätzend und aufbauend. Sie erfolgt in Worten und mit Blick auf die Entwicklung der entsprechenden Kompetenzen. Durch den Verzicht auf Noten und einen förderorientierten Fokus, versuchen wir eine möglichst wettbewerbs- und vergleichsfreie Atmosphäre zu schaffen, in der sich alle Lernende auf ihr Lernen konzentrieren können. Studien haben belegt, dass Wettbewerb allgemein und für das Lernen nicht nur nicht förderlich, sondern sogar schädlich ist. So untergraben Wettkämpfe die Kreativität, vermindern die Zufriedenheit und schlussendlich sogar die Leistung.

Die Hauptelemente der neuen Beurteilung sind:

Die Lerneinschätzung

Die Lerneinschätzung enthält eine Tabelle mit allen bearbeiteten Kompetenzen einer Lerneinheit, bzw. eines Lernbausteins, und wird den Lernenden mit dem Lernbaustein oder vor Abschluss einer Lerneinheit abgegeben. Vor dem Bearbeiten des Lernnachweises füllen die Lernenden die Lerneinschätzung selbständig aus. Dabei kreuzen sie zu jeder Kompetenz ihre persönliche Einschätzung an. Nach dem Bearbeiten und der Korrektur des Lernnachweises füllt die Lehrperson die Lerneinschätzung aus und verfasst einen schriftlichen, förderorientierten Kommentar und einen Tipp. Anschliessend wird das Ergebnis mit den Lernenden besprochen. Auf dem Zyklus 3 wird die Lerneinschätzung mit den Prozentangaben ergänzt.

Der Lernnachweis

Der Lernnachweis stellt den Abschluss einer Lerneinheit dar. Dies kann beispielweise in Form einer schriftlichen Überprüfung der Lerninhalte, als mündliche Präsentation, in Form eines Aufsatzes oder durch den Einbezug von bearbeiteten und festgehaltenen Lerninhalten geschehen. Die Inhalte des Lernnachweises beziehen sich auf die bearbeiteten Kompetenzen der vorangehenden Lerneinheit, bzw. des Lernbausteins. Im Normalfall wird der Lernnachweis individuell und zu einem selbstgewählten Zeitpunkt bearbeitet. Dabei nehmen die Lehrpersonen im Gespräch mit den Lernenden Einfluss darauf und unterstützen die Wahl des Zeitpunktes. Der Lernnachweis gilt als erfolgreich bestanden, wenn 60 % der Punkte erreicht werden. Ist dies nicht der Fall, wird der Lernnachweis wiederholt. Im Anschluss wird der Lernnachweis zusammen mit der Lerneinschätzung von Lehrperson und Lernenden besprochen.

In den Coachinggespräche, den Wochenrückmeldungen und dem 5-Wochen Rückblick erhalten die Lernenden und die Eltern regelmässig eine Rückmeldung zum Lernstand.

Inzwischen hat schon eine Befragung der Schülerinnen und Schüler zum neuen Beurteilungssystem stattgefunden. Generell kann gesagt werden, dass die allermeisten Lernenden die differenzierte Rückmeldung schätzen und damit mehr anfangen können. Wer in seiner Schulkarriere schon Noten gehabt hat, vermisst diese am ehesten. Die jüngeren Kinder fragen aber nicht danach.

Und was sagen die Lehrpersonen dazu? David Kasper, Klassenlehrer auf der Oberstufe sagt: «Es ist schon etwas aufwändiger geworden. Wenn man aber sieht, dass die Schüler mehr mit unseren Rückmeldungen anfangen können und wir sie dadurch besser fördern können, lohnt sich der Mehraufwand.»

Fazit: Die neue Form der Beurteilungen widerspiegelt unser Vertrauen in den Lernwillen und die Fähigkeiten der Lernenden. Ein wesentlicher Erfolgsfaktor ist dabei auch die Zusammenarbeit und transparente Kommunikation zwischen Eltern und Lehrpersonen, gerade auch, wenn es um Beurteilungen geht.